Trauer im Wandel

Lebendiger Ort der Trauer

Stefanie Barthold und Sabine Kreuer bieten vier jährliche Trauernachmittage an.

Viele Menschen, die einen großen Verlust erlitten haben, hören spätestens nach ein bis zwei Jahren Sätze wie diese: „Reiß‘ dich zusammen, das Leben muss schließlich weitergehen.“ Oder: „Irgendwann muss auch mal Schluss sein mit Trauern.“ Doch für Trauer gibt es keine feste Vorgaben, weder in Bezug auf die Dauer noch auf die Art. Sie hat viele verschiedene Erscheinungsformen. Direkt nach dem Tod eines geliebten Menschen ist sie oft – aber auch nicht immer – überwältigend und offenkundig. Später gibt es mitunter heftige Momente der Wehmut und Sehnsucht, die extrem weh tun können. Im Wissen um die Vielschichtigkeit dieses großen Gefühls bieten Sabine Kreuer und Stefanie Barthold viermal jährlich einen Nachmittag unter der Überschrift „Trauer im Wandel“ an – unverbindlich und kostenfrei.

In den Wintermonaten – das ist mehr als ein Klischee – kann Trauer besonders schlimm sein. Das liegt zum einen an den kurzen Tagen und langen Nächten, dem Fehlen von Sonnenlicht und Wärme. Zum anderen sind da die Feiertage im Dezember, die stark emotional aufgeladen sind. Erinnerungen werden wach an vergangene Adventssonntage und Heiligabende. Dass der Ehepartner, das Elternteil oder gar das Kind fehlt, spüren manche Trauernde in dieser Zeit besonders schmerzvoll. Wer sich allein mit seiner Trauer fühlt und gerne mit anderen Menschen in Kontakt treten möchte, die Ähnliches durchleben, findet dazu am 30. November in der Alten Samtweberei an der Lewerentzstraße eine Möglichkeit. Zwischen 15.30 und 17.30 Uhr findet hier im Nachbarschaftszimmer der nächste „Trauer im Wandel“-Nachmittag statt.

„Wir wollen Trauer enttabuisieren. In unserer offenen Gruppe ist Raum für Erinnerungen, kreative Impulse und Austausch“, sagt Sabine Kreuer (52), die den Termin gemeinsam mit Stefanie Barthold (48) organisiert. Nach Nachmittagen im Frühling, Sommer und Herbst steht das letzte Treffen in diesem Jahr an. Immer ist es ein Sonntag, „weil dieser Wochentag für viele alleinstehende Trauernde eine besondere Herausforderung darstellt“, so Kreuer.

So wie das Jahr mit seinen Jahreszeiten „hat auch die menschliche Trauer viele Facetten“, sagt Kreuer. „Menschen, die nicht unmittelbar betroffen sind, stellen sich vielleicht vor, dass man nur auf der Couch liegt und weint.“ Das aber greife zu kurz. Die beiden Frauen wollen allen Menschen, die in Trauer sind oder gelegentlich noch starke Traurigkeit spüren, einen Ort geben, an dem sie sich sicher und aufgehoben fühlen. „Es gibt keinerlei Vorgaben, das ist das Schöne an einer offenen Gruppe“, betont Stefanie Barthold. Sie ist gelernte Zeitungsjournalistin und arbeitet auch als freie Texterin und Lektorin. Sabine Kreuer ist in Krefeld als Tanztherapeutin und Anbieterin von Rückenschulkursen bekannt. „Ich bin ein Bewegungsmensch“, sagt sie über sich.

Karten mit Impulsfragen oder kleine Handschmeichler: Es gibt viele Möglichkeiten, der Trauer zu begegnen.

Die beiden Frauen haben jeweils ein Büro im Pionierhaus der Alten Samtweberei an der Lewerentzstraße. Und beide sind, neben ihrer sonstigen freiberuflichen Tätigkeit, auch Trauerbegleiterinnen, zertifiziert nach den Kriterien des Bundesverbands BVT. Für das ehrenamtliche Angebot der Trauernachmittage haben sie sich vor etwas mehr als einem Jahr zusammengetan. Zu ihrem professionellen Verständnis gehört es auch, Menschen, bei denen beispielsweise eine Depression vermutet werden kann, weitere Hilfsmöglichkeiten aufzuzeigen – mit Fingerspitzengefühl und natürlich auf freiwilliger Basis.

Die Gruppengrößen an den vier Terminen sind sehr unterschiedlich. „Mal kommen nur drei Teilnehmende, mal sind es sieben“, sagt Stefanie Barthold. Die meisten Menschen, die sich über ihre Trauer austauschen möchten, stammen aus dem Viertel. „Herzlich willkommen sind aber alle Interessierten aus Krefeld und Umgebung“, betont Sabine Kreuer. Manche Leute kommen nur einmal, andere immer wieder. „Beides ist völlig in Ordnung“, so Kreuer. Vertreten sind Menschen mit ganz verschiedenen soziokulturellen Hintergründen und Familiengeschichten. In entspannter Atmosphäre gibt es Kaffee und Kuchen.

Sabine Kreuer und Stefanie Barthold ist es wichtig, dass ihr vierteljährlicher Treff nicht nur ein Ort der Traurigkeit ist. „Bei uns wird auch gelacht“, sagt Stefanie Barthold. „Und neben dem gemeinsamen Gespräch eröffnen wir auch kleine kreative Wege, die dabei helfen können, der Trauer Ausdruck zu verleihen und ihr auf neuen Weise zu begegnen.“ Steine als Handschmeichler können Halt geben, Karten mit Impulsfragen zum Erzählen anregen oder bunte Knöpfe zu einem Lebensfaden werden, in dem sich besondere Momente und Erinnerungen widerspiegeln. So entsteht ein Raum, in dem Trost und neue Perspektiven wachsen dürfen. „Alles ist eine Einladung – niemand muss etwas tun, was sich nicht stimmig anfühlt“, verspricht die Trauerbegleiterin.

Die Samtweberei sei für die Treffen ideal, denn das Areal ist voller Leben. So wird deutlich: Tod und Trauer gehören nicht ausgegrenzt, sondern sind Bestandteile unseres Daseins. „Wir freuen uns über jede Anmeldung“, sagt Sabine Kreuer mit Blick auf den 30. November. „Eine kurze Mail genügt.“

Alte Samtweberei
Lewerentzstraße 104
47798 Krefeld
Sabine Kreuer
E-Mail: sabine.kreuer@web.de
Telefon: 0163 8716266
Stefanie Barthold
E-Mail: mail@raumfuergefuehle.de
Telefon: 0151 23447005

Fotos: Lucas Coersten / In der Printausgabe ist uns ein Fehler unterlaufen, der Fotograf wurde fälschlicherweise als Felix Burandt angegeben.
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